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Das Krankenhaus MOL verabschiedet die Oberärztin und Diabetologin Dr. med. Cristine Pietsch in den Ruhestand

„Ein Berufsleben für den Kampf gegen Diabetes reicht eigentlich nicht aus“

Nach 42 Berufsjahren beendete Dr. med. Cristine Pietsch ihren Dienst auf der Station 6 im Krankenhaus MOL in Strausberg. Sie blieb dem Haus und damit den Patienten aber für ein weiteres Jahr bis zum endgültigen Abschied am 31. März 2024 erhalten. In der Ambulanz führte sie die Sprechstunde für Patienten mit diabetischem Fußsyndrom weiter. Nun ist es aber Zeit „Tschüss“ zu sagen.

Frau Dr. Pietsch, am 30. Juni 2022 feierten wir ihren Abschied, am 31. März 2024 hatten Sie nun Ihren letzten Arbeitstag. Sind Sie ein bisschen wehmütig, wenn Sie auf die Zeit zurückblicken und auf das, was hier entstanden ist?

Ja, das kann man so sagen, denn im September 1980 habe ich als Studentin im sechsten Studienjahr meine Arbeit in der Chirurgie in Neuenhagen begonnen und ab 1981 dann als Ausbildungsassistentin für Chirurgie fortgesetzt. Bis zum Jahr 2001 war ich dann in Neuenhagen und nach Umzug des Krankenhauses nach Strausberg dort in der Chirurgie tätig. Meine Facharztprüfung in der Chirurgie habe ich 1986 bestanden.

Wie waren denn Ihre Anfänge? Sie haben in Strausberg ja ganz neue Wege in der Diabetologie beschritten und den Weg für ein erfolgreiches Behandlungsprogramm entwickelt.

Nach einem gesundheitlichen „Tiefschlag“, würde man wohl im Boxen sagen, musste ich mich beruflich umorientieren, da die körperlich schwere Arbeit am OP-Tisch zu stehen, halt nicht mehr ging. Ich wollte aber auch nicht berentet zu Hause sitzen. Darum wagte ich einen Neustart in der Inneren Medizin. Das waren noch mal fünf ärztliche Ausbildungsjahre in einem völlig neuen medizinischen Fachbereich, die mir und meiner Familie viel abverlangt haben. Es waren wohl, beruflich gesehen, die schwersten Jahre meines Lebens.

Im Jahre 2006 machte ich die Facharztprüfung für Innere Medizin in Cottbus bei der Landesärztekammer und als mir die Prüfer zur bestandenen Prüfung gratulierten, war ich sehr, sehr froh und die Tränen flossen vor Erleichterung, denn ich war ja immerhin schon über 40 Jahre und da fällt einem das Lernen doch nicht mehr so leicht.

2006 konnte ich auch gleich meine Zusatzbezeichnung Diabetologie erfolgreich ablegen. Als ich aus der Prüfung rauskam, stand wie immer mein Mann da und gratulierte mir. Ich musste ihm versprechen, keine weiteren Zusatzbezeichnungen zu machen, denn die Familie war auch mal dran!

Als frischgebackene Diabetologin will man sein Wissen anwenden und dazu war der Aufbau einer Diabetes-Abteilung nötig. Personal war mit einer Leasing-Diabetesberaterin nur knapp und durch meine Studien wusste ich, dass die Versorgung von Diabetikern in deutschen Krankenhäusern eher schlecht war, da es keine Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Fachabteilungen und der Diabetologie gab.



Wir waren ein sehr kleines Team, aber hoch motiviert; die Voraussetzungen bescheiden, aber der Enthusiasmus groß. Wir erkannten die Aufgabe und suchten Gleichgesinnte. Wir sind mit der Zielsetzung an den Start gegangen, ein Struktur- und Prozessmanagement für die Betreuung von Patienten mit Diabetes mellitus im Krankenhaus zu entwickeln. Im Rahmen der Diabetes-Teambildung erfuhren wir, dass die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), der Bundesverband der Diabetologen in Kliniken (BVDK) und eine von der Firma LILLY unterstütze Initiativgruppe die Zertifizierung eines diabetesspezifischen Struktur- und Prozessmanagement zur flächendeckenden Betreuung von stationären Patienten mit Diabetes mellitus als Nebendiagnose planen.

Wir waren begeistert von dieser Initiative und begannen mit den Gesprächen auf allen Stationen und Abteilungen und mit der IST-Analyse. Als Erstes machte ich eine Umfrage in unserem Hause unter den Assistenzärzten der anderen Abteilungen, was sie zum Thema Diabetes mellitus wussten. Dabei zeigte sich, dass da noch freies Potential war. Dennoch erteilte uns 2010 die Geschäftsführung den Auftrag zu diesem Projekt, mit dem wir zunächst auf zwei Stationen starteten. Wir überzeugten die Skeptiker durch Sachargumente, ignorierten die Zyniker und ließen unseren Optimismus und unsere Tatkraft für sich sprechen. Die Hauptaufgabe war es, Ärzte, Pflege-, aber auch das Servicepersonal diabetologisch zu schulen. Das ist eine Mammutaufgabe, da ja durch den Schichtdienst immer viele Termine angeboten werden müssen, um alle zu erreichen und natürlich musste beim Personal erstmal das Verständnis für die Notwendigkeit hergestellt werden.

In einem Krisengespräch mit der Geschäftsführung und den Chefärzten wurde das Team um eine Diabetesberaterin und eine erfahrene Qualitätsmanagerin erweitert. Hinzu kamen ein strukturierter Meilensteinplan und, mit Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit, noch andere „Inputs“. Wir erarbeiteten einen Plan für Fortbildungen und schulten nach und nach das Personal. Das Team wuchs währenddessen stetig weiter. Es kamen internistische Assistenzärzte, die sich für Diabetes interessierten, eine Diabetesberaterin in Vollzeit, zunächst Frau Thiedig, und im weiteren Verlauf Schwester Christina Tscherniewski und Schwester Daniela Orlikowski sowie die Wundmanagerinnen Schwester Cordula Kersten und Schwester Dagmar Stephan hinzu.

Um Patienten von unserer qualifizierteren Diabetesbetreuung zu überzeugen, mussten wir unser Projekt auch den Hausärzten und Pflegestationen vorstellen. Dazu hielten wir zum Beispiel bei Selbsthilfegruppen Vorträge, also konkret „vor Ort“, und luden Hausärzte und Pflegestationen zur Fortbildung ein. Auch an der Landes Ärztekammer in Potsdam hielt ich vor Hausärzten Vorträge zum Thema Diabetes und Zusammenarbeit von ambulanter und stationärer Diabetesbehandlung. Bis zum Landtag haben die Brandenburger Diabetologen ihre Vorschläge zur Verbesserung der Betreuung von Diabetikern in deutschen Krankenhäusern gebracht. Auch ich habe einen Vortrag dazu gehalten.

Warum haben Sie gerade die Diabetologie als Fachgebiet gewählt?

Bei einer der vielen Fortbildungen, die man als „Junginternist“ besuchen muss, war ich bei einer zum Thema Diabetes. Am Schluss der Veranstaltung fragte ich den Referenten, wie man Diabetologin werden kann. Zufälligerweise war das Herr PD Dr. med. Ruhnau, der in Berlin Karlshorst eine private Klinik für Diabetes hatte. Ihm habe ich kurz meinen Lebenslauf geschildert, und er sagte, ich könne sofort meine Ausbildung bei ihm anfangen. Er war begeistert, dass eine Mittvierzigerin, die ich damals war, sich noch die Strapazen einer zweiten Facharztausbildung auferlegt. So war mein Interesse für den Diabetes und die diabetischen Füße geweckt.

Da ich persönlich nun mal auf Lernen programmiert war, machte ich mich gleich an die Vorbereitung zur nächsten Prüfung - zur Diabetologin. Nachdem ich drei Jahren zweimal die Woche nach Karlshorst gefahren bin und dort in der diabetologischen Praxis gearbeitet habe, konnte ich mein dort erworbenes Wissen in Strausberg anwenden.

Dazu muss ich sagen, dass ich bereits meine Diplomarbeit über die Stoffwechseleinstellung von diabetischen Schwangeren geschrieben habe und dieses Thema auch als Doktorarbeit fortgeführt habe. Also Diabetes begleitete mich schon mein Leben lang, scheinbar unbewusst, denn ich war ja bis 2001 als Chirurgin tätig.



Ihr Spezialgebiet sind die diabetischen Füße. Vor zehn Jahren haben Sie extra dafür das Brandenburger Fußsymposium in Märkisch-Oderland ins Leben gerufen.

Ja, seit 2014 lade ich jedes Jahr Hausärzte, Orthopäden, Chirurgen, Podologen, orthopädische Schuhmacher, Orthopädietechniker und andere Berufsgruppen zum Brandenburgischen Fußsymposium ein. Wenn alle an einem Strang ziehen, können wir die Weichen stellen und ein Netz bilden zu einer bestmöglichen Therapie unserer Patienten. Denn nur eine fachgerechte Versorgung des diabetischen Fußsyndroms verbessert die Lebensqualität der Patienten deutlich und mindert auch die Rate der Beinamputationen. Und damit hatten und haben wir großen Erfolg. Wir haben jedes Jahr aus allen Regionen der Bundesrepublik Ärzte aber auch Diabetesberaterinnen, die bei uns hospitieren. Wir haben in der Region ein Netzwerk der Zusammenarbeit bei der Behandlung von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom von der Ostsee bis nach Forst und zur polnischen Grenze geknüpft. Darauf sind wir sehr stolz.

2015 haben Sie mit Ihrem Konzept zum Aufbau eines multiprofessionellen Diabetes-Netzwerkes den Berliner Gesundheitspreis gewonnen. Wie wichtig sind Ihnen diese Auszeichnungen?

Wir haben den zweiten Platz belegten. Der Preis war mit 20.000 Euro dotiert und kam aus den Händen des damaligen Gesundheitsministers Hermann Gröhe. Das war für mich und für das gesamte Team die Krönung unserer bisherigen Arbeit. Da auch der Präsident und der Vorstand der Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) dabei waren sowie die Geschäftsführung unseres Krankenhauses, war es für uns eine hochrangige Angelegenheit. Das sorgte für tüchtigen Aufwind. Plötzlich kannten uns die Leute aus den RBB Nachrichten und die Reporter der Fach- und Lokalpresse standen Schlange. Bessere Werbung gab es nicht. Plötzlich waren wir „als Experten“ gefragt. Wir hielten Vorträge auf den Diabetologen-Kongressen und ich fuhr mit unserer Geschäftsführerin nach Köln, um beim Clinotel-Treffen der Geschäftsführer, das bundesweit 68 Mitgliedshäuser umfasst, über unsere Erfahrungen zu berichten. In Expertentreffen war ich ein gerngesehener Gast und das beflügelte uns alle sehr.

Ab 2018 gab es denn ein Treffen von Experten ca. viermal jährlich in Frankfurt am Main, die sich mit der Entwicklung und Vernetzung von ambulanter und stationärer Diabetologie beschäftigen, wo nicht nur der Vorstand der Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), politisch interessierte Hochschulprofessoren, hochrangige Vertreter des Hausärztebundes Deutschlands und der niedergelassenen Diabetologen Deutschlands, sondern auch hochdekorierte Klinikärzte von deutschen Hochschulen ihr Wissen beisteuerten …und ich war auch dabei, aus dem kleinen Krankenhaus in Strausberg.

Bei einem Dresdener Hausärztekongress haben wir vor mehreren hundert Leuten unsere Behandlungsstrategien vorgestellt und einen gut besuchten Fuß-Workshop zur Untersuchung des diabetischen Fußes gemacht. Das ist nur möglich, wenn das gesamte Team hoch motiviert und einsatzbereit weit über das normale Maß ist.

Diabetes mellitus ist mittlerweile Volkskrankheit Nummer 1. Wie sehen Sie die Entwicklung in den nächsten Jahren?

Wir haben durch unsere engagierte Arbeit eine Verbesserung der Betreuung von Diabetikern in unserem Krankenhaus initiiert und wir werden daran weiterarbeiten. Denn es geht um die Sicherheit der Patienten, wenn sie ihr Leben in unsere Hände geben. Das ist ein hohes Gut und das müssen wir mit Ehrfurcht und persönlichem Einsatz zu schätzen wissen.

In den letzten zehn Jahren haben wir sechs Fachärzte für Innere Medizin zum Diabetologen ausgebildet und diese sind in der näheren und weiteren Umgebung tätig, zwei Kollegen arbeiten in unserem Krankenhaus, Denis Kessler in Wriezen und Dr. Arne Boseniuk in Strausberg. Diese jungen Kollegen werden mein Werk fortführen. Ihnen steht ein qualifiziertes Team von Diabetesberaterinnen und das fachkompetente Duo der Wundschwestern zur Seite.

Ich möchte auch die wirklich tolle interdisziplinäre Zusammenarbeit aller anderer Abteilungen und aller Kollegen und der Haus- und Fachärzte hier hervorheben. Nur durch dieses Miteinander ist eine solche Verbesserung der Versorgung zu erreichen.



Gibt es etwas, das Sie vermissen werden?

Natürlich ist das eine sehr emotionale Sache und ich werde meine Arbeit sicher an manchen Tagen auch vermissen, aber bisher ist in meinem Leben zu wenig Zeit für private Interessen, für die Familie und für Hobbys gewesen. Darauf freue ich mich sehr. In den langen Jahren meiner Arbeit im Krankenhaus sind viele persönliche Kontakte entstanden, die ich pflegen möchte. Insbesondere zu meinen Kollegen des Diabetesteams wird der Kontakt auch weiterhin bestehen…. Darauf freue ich mich und bin sehr froh, so ein tolles Team zu haben.

Was planen Sie für die Zukunft? Werden Sie die Diabetologie nun an den sprichwörtlichen Nagel hängen?

Nein, das mache ich sicher nicht. Ein bisschen mache ich noch weiter. Diabetes braucht eine Lobby und an der Lobbyarbeit werde ich mich in gewohnter Weise beteiligen. An der Entwicklung der Zukunft der Diabetologie mitzuwirken, machte mir absolut Spaß. Genauso dabei zu sein und die Verbindung von ambulanter und stationärer Diabetologie zu verbessern. Aber ansonsten genieße ich jetzt einfach die Zeit mit meiner Familie und freue mich darauf, wieder mal ein gutes Buch zu lesen.

Alles Gute Frau Dr. Pietsch und vielen Dank für das Gespräch.
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